Die Stadt Augsburg stellt in einer Serie „Besondere Sportarten in Augsburg“ vor. Teil 1 geht übers Segelfliegen und dabei auch über unser Vereinsmitglied Janika. Hier der vollständige Artikel:
400m Höhe, 100 km/h, Blick über die Stadt, den Hotelturm im Fokus, kein Motorengeräusch: Segelfliegen in Augsburg – „Wenn du ein Tier sein dürftest: welches Tier wärst du dann?“ – häufige Antwort auf diese Frage: ein Vogel. Beim Segelfliegen kommt man diesem Gefühl ziemlich nah: kleines, leichtes, kompaktes Flugzeug, kein störendes Motorengeräusch. Den Traum vom Fliegen kann man auf dem Gelände des Augsburger Flughafens verwirklichen – ob einstündiger Rundflug über die Stadt oder gleich der eigene Segelflugschein.

Die 24-jährige Janika Scheglmann wollte bereits mit 15 Berufspilotin werden – jetzt ist sie Bayerische Meisterin im Segelfliegen und froh, dass das Fliegen ein Hobby geblieben ist. Bild: Stadt Augsburg, 2012.
Fliegen – es muss kein Traum bleiben
Rudolf Frohnwieser lebt ihn seit 1959: den Traum vom Fliegen. Mit seinen 73 Jahren ist er das älteste aktive Mitglied des Augsburger Segelflugzentrums. Begonnen hatte alles mit dem Bau von Flugzeugmodellen. „Dann wollte ich mich selber reinsetzten“, sagt Frohnwieser. Nun, 53 Jahre und 1400 Starts später, waren „schon sehr viele schöne Flüge dabei“. Ein klassischer Start, den immer noch acht bis 15 Segelflugschüler pro Saison, die von März bis in den Oktober hinein dauert, wagen. Mit dem ersten Ausbildungsabschnitt kann ab einem Alter von 14 Jahren begonnen werden – je nach Talent folgt nach etwa 50-100 Flügen mit dem Fluglehrer der erste Alleinflug. Es folgt viel Theorie – wie Meteorologie, Navigation und Luftrecht – im Winter. Klappen Starts und Landungen problemlos, wurden bereits Überland- und Außerlandflüge absolviert darf mit Abschluss der zweiten und dritten Ausbildungsphase ab 16 Jahren der Segelflugschein gemacht werden. Ab da gibt es kein Halten mehr: „Wenn man einmal vom Virus ‚Segelfliegen‘ infiziert wurde, wird man ihn nicht mehr los“, bringt es Rudolf Frohnwieser auf den Punkt. Immer wieder neue Flugzeuge, andere Wetterlagen, weitere und längere Strecken – der Ehrgeiz des 73-Jährigen dauert seit einem halben Jahrhundert an.

Die 24-jährige Janika Scheglmann wollte bereits mit 15 Berufspilotin werden – jetzt ist sie Bayerische Meisterin im Segelfliegen und froh, dass das Fliegen ein Hobby geblieben ist. Bild: Stadt Augsburg, 2012.
Thermik – blauer Himmel mit Schäfchenwolken als Indiz für ideale Bedingungen
Mit dem Verzicht auf einen Motor wird das Segeln zu einer wunderbar stillen Angelegenheit, die Abhängigkeit vom Wetter nimmt aber zu. Die Thermik – also warme aufsteigende Luft – ist die Grundvoraussetzung für den unmotorisierten Segelflug. Der typisch bayerische weiß-blaue Himmel deutet dabei auf ideale Bedingungen hin, denn die Schäfchenwolken – in der Fachsprache auch Kumuluswolken genannt – zeichnen die Thermik.
An so einem weiß-blauen Tag ist viel los auf dem Gelände des Augsburger Segelflugzentrums, das seit 10 Jahren insgesamt vier Vereine mit knapp 300 Mitgliedern zusammenfasst: den Augsburger Verein für Segelflug (AVS), die Segelfluggruppe Haunstetten, die MBB-SG Flugsportgruppe Augsburg sowie den Luftsportverein Gersthofen. Im Weg stehen kann den Piloten und Pilotinnen böiger oder Seiten-Wind, Regen und Nebel sowie Temperaturen über 30 Grad oder zu niedrige Temperaturen, denn eine Heizung besitzen die Segelflugzeuge nicht. Unter Idealbedingen sind aber ausgedehnte Streckenflüge von ca. 600 Kilometern drin – z.B. in die Rhön, weiter in den Thüringer Wald und über den Bayerischen Wald zurück auf den Augsburger Flughafen. So ein sechs- bis neunstündiger Flug bedarf gründlicher Planung: eine Route entlang günstiger thermischer Gebiete muss in den Tagen zuvor festgelegt werden. Und dann muss natürlich das Wetter mitspielen: Hoffen auf Schäfchenwolken.

In 400m Höhe über dem Gelände des Segelflugzentrums Augsburg. Bei guter Thermik geht es noch viel weiter hinauf: bis zu einer gesetzlichen Höhe von maximal 3300m. Bild: Stadt Augsburg, 2012.
Segelflug – ein zeitintensiver Sport im Team
Da der Segelflug ein sehr zeitintensiver Teamsport ist, konzentriert sich das Vereinsleben vor allem auf das Wochenende und die Feiertage. Vom Eintreffen auf dem Flughafengelände bis hin zum Start vergehen meist eineinhalb Stunden: der Startwagen mit PC, Telefon, Funk und Buch zur Dokumentation muss an den Start und die Segelflugzeuge aus den Hallen geschoben werden, die Winde auf ihre Position gebracht und aufgebaut werden und zu guter Letzt das Gelände kontrolliert, die Flugzeuge gecheckt und die Starterlaubnis eingeholt werden. Dann gehen die Segelflieger nacheinander in die Luft: ob per Seilwinde oder Flugzeugschlepp an ein Propellerflugzeug angehängt. Bei einem Windenstart wird das Segelflugzeug mithilfe Seilwinde, die am Ende der Startbahn steht, gegen den Wind gestartet. In 400m Höhe klinkt sich das Seil aus. Eine andere Methode: der Flugzeug-Schlepp – auch F-Schlepp genannt. Hierbei wird das Segelflugzeug mit einem Seil an ein Motoflugzug angehängt und so in die Luft gebracht. Der Vorteil: unabhängig von der Thermik über dem Gelände geht es gleich viel höher hinauf und man kann vom Schleppflugzeug auch außerhalb des Flugplatzes abgesetzt werden. Allerdings eine Kostenfrage, weswegen 80% der Starts per Seilwinde erfolgen.

In der Halle des Segelflugzentrums Augsburg stehen und hängen sie kreuz und quer: insgesamt etwa 45 Flugzeuge: Ein- und Zweisitzer, Motorsegler, Motorflugzeuge für den F-Schlepp, ..Bild: Stadt Augsburg, 2012.
Hobby – das Segelfliegen genießen
Bereits mit 15 Jahren wollte Janika Scheglmann Pilotin werden. Mittlerweile ist sie 24 Jahre alt, steht kurz vor dem Abschluss ihres Maschinenbaustudiums, ist Bayerische Meisterin im Segelfliegen und froh darüber, dass das Segelfliegen eine Freizeitbeschäftigung geblieben ist. „Fliegen ist als Hobby viel schöner“, sagt die Studentin. Talent für das Segelfliegen hatte sie von Anfang an, den nötigen Fließ brachte sie mit. Nach zwei Jahren hatte sie den Flugschein in der Tasche. An ihren ersten Alleinflug während des Ausbildung erinnert sich die Studentin noch genau: „Das wird vorher nicht bekannt gegeben, damit meine keine Zeit zum Nachdenken hat“. Angst hatte sie nicht, war aber zunächst angespannt und dann erleichtert, dass die erste große Hürde geschafft war. Seitdem heißt es für die 24-Jährige auf Segelflugwettbewerben sprichwörtlich „schneller, höher, weiter“. Ein Segelflugwettbewerb zieht sich über sieben bis zehn Tage: am Morgen gibt es jeweils eine kurze Einweisung, in der eingeschätzt wird ob, heute geflogen werden kann – bei fliegbaren Bedingungen bekommen die teilnehmenden Piloten einen Streckenauftrag. Tagesseiger wird, wer die vorgegebene Strecke am schnellsten geschafft hat. In diesem Jahr nimmt die Augsburgerin Janika Scheglmann an den Deutschen Meisterschaften im Segelfliegen teil.

Flugzeug-Schlepp oder Windenstart?: eine Kostenfrage. Dieser Segelflieger hat sich für den Start mit der Winde entschieden. In 400m Höhe klinkt das Seil aus. Bild: Stadt Augsburg, 2012.
Mitfliegen – im Zweisitzer über Augsburg und Umgebung
Wer auch mal Runden über der Fuggerstadt drehen oder den Ammersee von oben sehen will, der kann das (fast) jederzeit machen. Voraussetzung: gutes Segelflugwetter. Mal mitfliegen konnte auch die 18-jährige Anja Müller aus Bobingen. Ihre Oma, die selbst schon geflogen ist, und ihr Opa hatten ihr den Gutschein für den eineinhalbeinstündigen Flug in einem Motorsegler im November zum 18. Geburtstag geschenkt.

Eine letzte Einweisung von Vorstand Johann Fischer, dann kann es losgehen: die 18-jährige Anja Müller löst den Gutschein ihrer Großeltern für einen eineinhalbstündigen Motorsegelflug ein. Bild: Stadt Augsburg, 2012.
Mit Vereinsvorstand Johann Fischer, 63, ging es nach einer kurzen Einweisung dann in die Luft: in 1000m Höhe über den Ammer- und den Starnbergersee, über Augsburg und Bobingen – Anja Müllers Heimatort – hinweg. Ihr Fazit: „Es war voll cool: Ich würde es auf jeden Fall nochmal machen“. Angst hatte die 18-Jährige nicht. Segelfliegen ist aus statistischer Sicht sicherer als Autofahren. Dafür sorgen vor allem die vielen Kontrollen vor dem Start, die jährliche Abnahme der Flugzeuge und die solide Ausbildung der Piloten. Die meisten Unfälle passieren am Boden oder bei Start und Landung – das sind jedoch in den meisten Fällen Schäden am Segelflugzeug selbst. Einen tödlichen Unfall gab es auf dem Gelände des Augsburger Vereins für Segelflug noch nie.